Verdutzt blickte ihre Mutter sie an, als Laleila so plötzlich die Tür zu ihrer kleinen Stube aufriss und aufgeregt um den Brief bat. Sie reichte ihn ihr wortlos und die junge Musikerin konnte ihrer Mutter ansehen, dass das königliche Siegel sie mit tiefer Ehrfurcht erfüllte, so vorsichtig wie sie das zusammengerollte Schreiben anfasste. Ein Triforcesymbol zierte das rote Wachssiegel und als Laleila das Schreiben überreicht bekam, bemerkte sie sofort, dass es ein sehr hochwertiges und teures Papier war, wie es kaum ein normaler Bürger sich leisten konnte.
Ihre Mutter musterte sie und seufzte, als sie die übernächtigte Erscheinung ihrer Tochter bemerkte, doch sie tadelte sie nicht. Zum einen wusste sie, dass es keinen Zweck hatte und zum anderen war sie selbst viel zu neugierig und gespannt auf den Inhalt des Schreibens.
"Weshalb du wohl ein Schreiben vom Hofe erhältst? Der Bote, der es brachte, war ganz eigenartig gekleidet, vollkommen verhüllt, doch auch er trug das Triforce auf der Kleidung."
*
Geräuschlos ließ die Tür zum Tempel sich öffnen. Als er das Siegel brach, das die Schriftrolle zusammengehalten hatte, bemerkte Aros, dass das königliche Wappen darauf geprangt hatte. Er entrollte das hochwertige Papier und dabei fiel eine weitere Notiz heraus, die offenbar jemand von der Seite in die Rolle geschoben hatte. Noch während er sich bückte, um sie aufzuheben, erkannte er die geschwungene Schrift seiner Mutter und zu seiner Überraschung war die Notiz an ihn gerichtet:
Lieber Sohn,
dieses Schreiben an Dich brachte heute morgen ein Bote der Prinzessin und zu unserer Überraschung teilte er uns mit, dass Du Dich in der Stadt aufhältst und wohl im Laufe des Tages auch den Tempel aufsuchen wirst. Wir wünschten, wir hätten früher von Deinem Besuch gewusst, denn nun verhält es sich so, dass Dein Vater und ich Dich leider nicht empfangen können. Wir sind aufgebrochen auf eine Reise, um das Unsrige zu tun, dass der schreckliche Fluch, der auf Hyrule lastet, bald gebrochen wird. Tinyael wird sich solange um den Tempel kümmern.
Gib auf dich acht in diesen Zeiten!
Eenyora
Nun hatte die Neugier Aros gepackt und auch wenn er zu seiner eigenen Verwunderung bemerken musste, wie leicht das Schreiben der Mutter eine Woge der verschiedensten Gefühle in ihm freisetzte, von denen er geglaubt hatte, sie besser im Griff zu haben, überwog doch die Frage, weshalb ein Schreiben vom Hofe an ihn adressiert war und vor allem woher man dort wusste, dass er sich in der Stadt aufhielt.
Die Schrift auf dem marmorierten Papier war sehr fein, geschwungen und elegant: eindeutig die Handschrift einer Frau. Aros kam nicht umhin zu bewundern, wie perfekt ein jeder Buchstabe war. Er wusste, dass das Schreiben ein Handwerk war, das nicht jeder erlernen konnte und er hatte in seiner Zeit beim Tempel mehrfach die Kunst verschiedener professioneller Schreiber sehen dürfen, doch niemals hatte er eine so schöne Schrift gesehen, wie die, auf die er nun blickte. Es waren nur wenige Zeilen und darunter war in goldenen Farben ein Triforce gesetzt:
Werter Aros,
die Göttinnen flüsterten mir Euren Namen, als ich sie um Rat und Beistand bat. Ein tapferer und begabter Jäger seiet Ihr, der das Herz am rechten Fleck trage. So möchte Ich Euch bitten, Euch heute abend bei mir im Schloss einzufinden, denn ich habe einen Auftrag von größter Wichtigkeit!
In der Hoffnung, dass Ihr meiner Bitte nachkommen werdet,
Prinzessin Zelda
*
"Wie? Jaja, freilich, geh nur und öffne, ich komme sogleich", kam es aus der Küche zur Antwort und kurz darauf konnte Ivory hören, wie ihr Meister leise eine Melodie vor sich hinpfiff, während er weiter den Tee vorbereitete.
Als sie öffnete, sah sich einer eigenartigen Gestalt gegenüber: Der Fremde war vollkommen verhüllt und eine Stoffkapuze hing ihm so tief ins Gesicht, dass sie nichts davon erkennen konnte, bis auf seine Mundpartie. Er war ein paar Zentimeter kleiner als die Schmiedin, doch das war sie gewohnt, dennoch strahlte dieser Mann, wenngleich man nicht viel von ihm sah, eine intensive Autorität aus. Ivory sah sogleich, dass der tiefblaue, fast schwarze Stoff, in den er gehüllt war, von hoher Qualität und fein verarbeitet war. Die Säume waren dezent verziert, vor allem aber fiel die das kleine, aufgestickte goldene Emblem in Brusthöhe auf: ein Triforce.
"Ivory aus Ordon?", fragte der Fremde mit sonorer, wohlklingender Stimme und es war schon sehr eigenartig, dass er nicht nach Bodid verlangte, sondern wohl damit gerechnet hatte sie anzutreffen.
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