Griechenland, Tempel des Orakels:
Rötliche Schwaden wie von sehr feinem Nebel krochen über die steinernen Platten des Tempelhofes, leckten darüber, ehe sie sich in der Luft auflösten. Ein plötzlicher Lichtblitz zeichnete das Bild einer Rosette auf den Stein und der rote Schein fand seine Reflektion am blanken Fels der Klippen, welche den Hof nach Norden hin begrenzten.
Dann verblasste der Schein und gab elf Gestalten frei – keine Sekunde war vergangen, seit Christine, Gabrielle, Lilly, Khamira, Jakilanne, Markus, Carlos, Amaryllis, Lykahn, Willow und Quicksilver London verlassen hatten. Es dauerte eine Weile, bis ihre Augen sich wieder an die reduzierten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, das Strahlen der Rosen hatte ihre Pupillen geweitet, so dass sie sich erst auf die dämmerigen Verhältnisse, die hier herrschten, einstellen mussten. Wie auch schon beim ersten mal, dass die Magie der Rosen sie transportiert hatte, waren ihre Wunden und Verletzungen verheilt.
Was sie hier erwartete, war ein trostloser, wenn nicht erschreckender Anblick, ganz besonders für die Angehörigen der Gruppe, die noch vor etwas über einem Tag hier gewesen waren und ein fruchtbares Land mit Wald und Wiesen vorgefunden hatte. Nun aber herrschte Ödnis um sie herum, das schwarze Feuer hatte ein nahezu apokalyptisches Bild hinterlassen: Erdspalten und Risse, aus denen glühendes Magma und Schwefelschaden emporstiegen durchzogen die Gegend wie Adern, Krater und Geysire prägten das Bild und über allem prangte ein Himmel, dessen Farbe an die von getrocknetem Blut erinnerte und weder Sonne noch Mond waren zu sehen, das Land lag in Dämmerung.
Lediglich der Tempelhof selbst war verschont geblieben, weder der steinerne Boden noch der halbkreisförmige Säulengang hatten Schaden genommen und auch das gewaltige Tor, welches in den Fels hinein führte, stand unversehrt und mächtig, so als habe das verderben um ihn herum den Tempel nicht beeindrucken können.
Kaum, dass sie angekommen waren, erfasste Markus eine eigenartige Witterung, welche er zwar nicht sofort einordnen konnte, von der er aber definitiv wusste, dass er sie vor kurzem schon einmal wahrgenommen hatte – und sein Instinkt sagte ihm, dass sie nicht zu jemandem gehörte, den er sonderlich wertschätzte.
*
Schweigend hatten Sero, Nuves, Lucca, Aquaria, Rukuni und Kaz von oben das Lichtspektakel beobachtet, welches das Ankommen ihrer Gegner begleitet hatte. Vom Rand der Klippe aus sahen sie auf die Gruppe herab, bereit sie jeden Moment anzugreifen.
Nuves hatte Kaz die anderen Mitglieder der Gruppe kurz vorgestellt und ihm erläutert, dass sie gedachten, Sinaras Krieger direkt anzugreifen. Nun trat sie an ihn heran und deutete auf die leicht bekleidete Ägypterin unten auf den Hof, um ihm zu zeigen, dass sie diejenige war, die ebenfalls mit den Nymphen im Bunde stand.
Einen Moment lang galt es noch zu warten, während Lucca sich bereit machte. Er würde den ersten Angriff führen und die Gruppe so auf kaltem Fuße erwischen.
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