Hallo zusammen!
Erstmal entschuldigung, dass ich mich als "Verursacher" erst jetzt in die laufende Diskussion einklinke. Leider kann man von der Comicübersetzerei allein nicht leben - König Kups kann euch sicher auch ein Lied davon singen.
Da ich in meiner "anderen" zivilen Existenz (nein, nicht Clark Kent, sondern Redakteur bei einer Fachzeitschrift für Kabel- und Satempfang) derzeit mitten im Endspurt für die neue Ausgabe stecke, will ich mich fürs erste mal auf die detaillierten Anmerkungen von Ice beziehen.
Thema Neue Rechtschreibung: Keine Widerrede von mir. Allerdings gibt Panini die alte Schreibweise vor, und daran muss auch ich mich halten.
Was Trennungen betrifft: wir Übersetzer haben kein ultramoderndes DTP-System vor uns, sondern müssen tatsächlich in den Original-Sprechblasen abzählen(!), wie der Text später im Druck auftaucht. Entsprechend werden auch von uns(!) die Trennungen gesetzt, was manchmal ein bisschen Stochern im Nebel ist. Trennungen innerhalb der ersten drei Buchstaben wirst Du übrigens in jeder beliebigen Zeitschrift oder jedem maschinell gesetzten Buch finden, da maschinelle Trennungen darauf keine Rücksicht nehmen und ich gerade zum ersten Mal von dieser "Regel" höre. Glaube aber nicht, dass solche Kleinigkeiten den Spaß an einem Comic wirklich verderben, oder?
Und weiter im Text:
>(S8 P.6) STRECK Kann im Deutschen nicht alleine stehen. „Streck >Dich“ wäre eine Lösung gewesen
... hätte aber beim Original nicht mehr in die Blase gepasst. Ich nehme manchmal lieber eine Verkürzung vor, die auch ich grammatikalisch für einen Grenzfall halte, bevor ich wichtige Nuancen einer Aussage unter den Tisch fallen lasse.
>(S. 14 P. 2) ... RECHT HABEN Selina spricht von der Zukunft (... >DIE GEHÖREN SCHON BALD DER ..) also „Recht behalten“ wegen des >Zeitbezuges
... gleiche Konstellation: BEHALTEN hat drei Buchstaben mehr. In der Original-Typo wäre das zuviel gewesen. Dass die Panini-Letterer im Deutschen doch eine leicht schlankere Typo benutzen, war mir leider nicht bekannt, sonst hätte ich an einigen Stellen etwas großzügiger mit dem Platz umgehen können.
>(S.11 P. 2) GERNE WIEDER kann ja ein ultra moderner Slang->Ausdruck sein, den die East-Coast Rapper von Großen Kneten >benutzen, aber wer sonst? „Und Tschüß“ ist aktuell, verbreitet >und hätte auch gepasst
Sorry, Ice, aber bist Du sicher, dass wir uns auf den gleichen Comic beziehen? "Gotham Noir" ist in der Ära von Humphrey Bogart angesiedelt. Dementsprechend finden sich in meiner Übersetzung natürlich auch viele angestaubte Maneurismen. "Und tschüss" ist zweifelsohne aktuell, hätte aber die Atmosphäre der damaligen Zeit, die ich mühsam aufzubauen versucht habe, endgültig zerstört. Insofern liegst Du auch mit Deinem Tipp, ich hätte auf East-Coast-Rapper-Slang zurückgegriffen, "etwas" daneben.
>(S. 15 letzte Reihe) DEM BÜRGERMEISTER ZU DROHEN – MIT GUTEM >GRUND holperig ist kein Ausdruck für diesen, sich über mehrere >Sprechblasen hinziehenden Dialog
Auch hier: natürlich hätte sich das wesentlich simpler konstruiert bauen lassen. Aber schau Dir mal die Verfilmung eines Raymond-Chandler-Romans an. Ich glaube, Du wirst feststellen, dass geschraubte Formulierungen und endlose Schachtelsätze mit für uns sehr ungewohnter Satzstellung die Regel sind. Ergo...
>(S. 16 P. 1) ZU EINEM SKANDAL FÜHRT lead to bedeutet hier >„endet“. „Ich möchte nicht, dass ... [das] ... in einem Skandal >endet“. Das ist einfach runder und richtiger.
Keine Widerrede ;-)
>(S. 19 P. 5) DIE WEISSEN LÄMPCHEN Mir ist die Verbindung von >Lämpchenfarbe und Irrenanstalt nicht geläufig, warum nicht die >ebenso klischeehaften Türen ohne Türklinke? Diese Allegorie, auch >wenn sie falsch sein mag, ist wenigsten vertraut.
Weil im Original eben die weissen Lämpchen auftauchen und ich das Bild für durchaus sprechend hielt. Kann man natürlich auch drüber streiten.
>Keine Ahnung, ob das im Original besser gepasst hat, würde mich >aber interessieren. Kannst Du mal die original Passage mailen?
Ich kann's leider nicht, da ich gerade in München bin, also rund 700 km von zuhause, und das Heft deshalb nicht zur Hand habe. Kann ich aber gerne nachholen.
Nur ganz allgemein: ich find es immer kritisch, eine Übersetzung zu analysieren, wenn ich das Original nicht als Vergleich zur Hand habe. Eine schlechte Vorlage kann auch ein toller Übersetzer nicht mehr rausreißen. Es sei denn, er schreibt sie völlig um, und das ist - mit Verlaub - nicht seine Aufgabe.
Bevor das aber jemand falsch versteht: "Batman: Gotham Noir" war eine ganz hervorragende Vorlage. Lark und Motter verstehen ihr Geschäft als Autoren und Zeichner, und mir hat's selten so viel Spaß gemacht, einen Comic zu übersetzen, wie hier. Und selbst Du, Ice ...
>Schön war die Sprache der Schläger. Sie unterstrich den Gossen->Charakter der Beiden. Toll gemacht (ich will ja nicht nur >schlecht reden!).
... hast diesen Spaß an der Sache offensichtlich in Teilen wiedergefunden. Prima ;-)
Also, Ice. Bitte meine konträre Meinung hier nicht missverstehen. Ich freu mich ja umgekehrt, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, die Übersetzung nochmal so exakt durchzuschauen. Nur wäre es schön, wenn Du ab und zu dem geplagten Übersetzer auch mal unterstellst, er habe sich bei dieser oder jener Formulierung etwas gedacht.
Off to work we go... tschüß allerseits und schon mal ein richtig klasse Weihnachtsfest, falls wir uns vorher nicht mehr hören.
Alex
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