Red starrte wie verzaubert auf die großen Anzüge. Sie ähnelten denen, in denen sie einen scheinbar aussichtslosen Kampf kämpften, kaum noch. Aber eben genug, um Erinnerungen in ihm wachzurufen. Heitere, aber auch schmerzliche Bilder rauschten in sekundenschnelle durch seinen Kopf. Er wandte sich ab und presste eine Hand auf den Mund. Der Schmerz überwältigte ihn und er fühlte, wie ihm Tränen in die Augen starrten. Seine Hand zitterte.
"Du hättest sie nicht retten können", sagte Arion leise neben ihm. Der Elf hielt den Blick starr auf die Marlim gerichtet, ohne sie jedoch wahrzunehmen. Auch er spürte die Macht der Erinnerung über sich hinwegschwappen. Er seufzte. "Unser Schicksal ist schon lange vor unserer Geburt geschrieben. Geschrieben in den Büchern des Lebens, über die Shonun wacht. Wir können nichts daran ändern." Er scharrte etwas mit dem Fuss auf dem Boden. Dann blickte er auf und direkt in Reds Augen. In seinem Blick lag so unendlich viel Weisheit, dass Red unwillkürlich stockte und schließlich die Hand sinken liess.
"Und geschrieben in den Büchern des Chaos, der Tod, den Karadon uns am Ende unseres Lebensfadens bringt", fuhr der Elf ernst fort. "Wir Sterblichen können nichts daran ändern. Wir können nicht gegen unser Schicksal angehen. Wir können nur versuchen, unsere Wahrheiten zu finden und ihnen treu bleiben!"
Red hob den Kopf und starrte an Arion vorbei. Er hasste ihn beinahe für diese tröstend gemeinten Worte. Aber sie konnten die Zweifel in seinem Inneren nicht beruhigen. Er erinnerte sich an die endlos langen Nächte, in denen er von Schuld geplagt sich auf seinem Lager hinundher gewälzt hatte. Schliesslich hatte er Clara kennen gelernt und die Schuld war langsam verblasst. Der Gedanke versetzte ihm einen heftigen Stich. Clara... er merkte, wie ihm der Boden unter seinen Füssen entglitt. Was sollte er ihr sagen, wenn Kiko wieder in sein, nein ihr gemeinsames Leben trat? Clara... er liebte sie, aber seine Liebe zu Kiko war – anders. Er wandte sich grob von Arion ab. Dann wischte er sich energisch über das Gesicht.
"Lass es uns für immer beenden, mein Freund", sagte, ohne sich umzudrehen, "ich bin müde und möchte meinen Kindern eine bessere Welt bieten, als sie es uns gewesen ist!"
Arion runzelte die Stirn. Er konnte deutlich spüren, wie zerissen sein Freund war. Das war nicht gut und würde ihnen noch einigen Schaden bringen. Er erhob sich von der Stufe, auf der er sich niedergelassen hatte, und trat neben Red. Dann legte er seine Hand zögernd auf dessen Arm und drückte sie leicht. Mit Bestürzung bemerkte er das fast unmerkliche Zucken und zog die Hand sofort wieder zurück. Vielleicht war es besser Red eine Weile seinen Gedanken zu überlassen.
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