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Thema: Archiv der Dantes-Beiträge aus dem Panini-Forum

  1. #51
    Mitglied Avatar von JRN
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    Am 5. September tritt Watermelon_Man etwas los:

    Hi an alle!

    Der heutige Besuch in meinem Stammladen, hat mich eher in die Grusel-Ecke entführt.
    Zunächst die Vertigo-Enzyklopädie (stark vergünstigt, da betagt), dann die Locke&Key Master Edition (viel gutes drüber gehört, außerdem interessiert mich die Thematik sehr) und schließlich die Bernie Wrightson Gesamtausgabe (die mir der völlige Zufall in die Hände trieb).
    Ich muss dazu sagen, dass Lovecraft, Poe und Konsorten mich schon immer faszininierten, hab sogar mal das Cthulhu-Rollenspiel gespielt.
    Da die Providence-Reihe auch noch im Regal steht, kann ich in nächster Zeit wohl ausgiebig in dieses Genre eintauchen.

    Grüße
    Alexander
    ... worauf God_W. auf seinen Lovecraft-Thread verweist. Dann wieder Watermelon_Man:

    Vielen Dank für den interessanten Link!
    Jetzt kommt ja auch die rechte, atmosphärische Jahreszeit für solcherlei Lektüre.
    Dann ich:

    Merkt euch für Dezember schon mal vor:
    Neil Gaiman: Eine Studie in Smaragdgrün bei Dantes.
    Arthur Conan Doyle trifft H.P. Lovecraft, gezeichnet von Rafael Albuquerque.
    Ein Link zur offiziellen Ankündigung folgt demnächst.

  2. #52
    Mitglied Avatar von JRN
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    clawfinger:

    7. September 2019

    Der Dantes Verlag baut sein Warren-Ellis-Angebot beständig weiter aus. In den letzten Wochen sind gleich 3 Bände von ihm erschienen:

    Gravel, Band 7: Kampf-Magier (124 Seiten, 15,95 Euro)
    Okay, Ellis hat mit diesem Band im Grunde nichts mehr zu tun (außer natürlich, dass er die Hauptfigur erfunden und die vorigen 6 Bände verfasst hat). Sein Serien-Partner Mike Wolfer schreibt dieses Mal also auf sich alleine gestellt, die Zeichnungen übernimmt Gabriel Rearte. Inhaltlich erfahren wir, was mit Gravel passiert ist, nachdem er als König der Magier "zurückgetreten" ist. Es verschlägt ihn interessanterweise nach Japan, wo er es mit einem Amok laufenden britischen Soldaten aufnehmen muss. Der zufällig ebenfalls ein Kampf-Magier ist. Man kann den Band als eine Art erweiterten Epilog sehen. Jedenfalls tue ich das. Das doch sehr plötzliche Ende von Band 6 wäre als Serienabschluss einfach nicht ok gewesen. Die Zeichnungen der Reihe sind auch im Abschlussband sehr gut (und ziemlich brutal), Ellis' Abwesenheit fällt Script-mäßig nicht weiter auf. Wolfer hat die Figur und ihr Universum auch alleine im Griff. Viele Anspielungen und Verbindungen zu früheren Bänden inklusive. Klare Kaufempfehlung für alle Action-Freunde - nicht nur für diesen Finalband, sondern die ganze Reihe.

    Apparat, Band 3: Crécy (48 Seiten, 9 Euro)
    Die Apparat-Bände sind ja gerne mal etwas seltsam, aber mit Crécy hat sich Warren Ellis selbst übertroffen. Es handelt sich um einen Pseudo-Geschichts-Comic, der uns von einem der damaligen Soldaten erzählt wird. Er spricht direkt mit dem Leser, redet wie ein moderner Engländer (obwohl die Story 1346 spielt) und über weite Strecken werden einem Fakten über Bögen und Armbrüste um die Ohren geworfen. Trotzdem macht das Ganze sehr viel Spaß. Das liegt sicherlich auch an den fantastischen und vor Details geradezu überlaufenden Zeichnungen von Raulo Cáceres. Die Bilder bleiben übrigens schwarzweiß. Einziger Kritikpunkt ist für mich das scheußliche Cover der normalen Ausgabe. Wer das umgehen will, greift zum limitierten Variant-Cover. Davon gibt es nur 77 Stück und die sind auch noch alle von Raulo Cárceres persönlich signiert.

    Narben (164 Seiten, 17 Euro)
    Hierbei handelt es sich um einen abgeschlossenen Einzelband. Im Grunde ein klassischer Cop-Thriller, mit krassen Bildern und einem kaputten Ermittler als Hauptfigur. Ein Kinderschänder/-mörder macht die Stadt unsicher. Ausgerechnet der emotional instabile John Caine wird auf den Fall angesetzt. Starke Dialoge und Charakterisierung treffen auf die hervorragenden Bilder von Jacen Burrows, der mit Ellis ja auch bei Apparat zusammengearbeitet hat. Als Bonus gibt es ein Vorwort von Matt Fraction sowie für jedes der sechs Kapitel ein Nachwort von Ellis persönlich bzw. Steven Grant. Auch dieser Comic kommt in schwarzweiß, legt dabei aber besonders großen Wert auf Grautöne. Heraus kommt eine sehr ansprechende Optik, die ihn von anderen "normalen" S/W-Comics abhebt. Wer gute Thriller mit interessanten Figuren mag, ist hier richtig. Genau wie Gravel 7 und Apparat 3 überzeugen Papierqualität und Übersetzung mal wieder vollends.
    Antwort von mir:

    Unserem treuesten Fan [jedenfalls hier im Forum] wieder einmal ein herzliches Dankeschön für drei feine Kurzrezensionen.
    Dass Dir das Cover zur Crécy-Normalausgabe nicht gefällt, kann ich verstehen. Wer bekommt schon gern zwei Stinkefinger [den "bowman's salute"] derart prominent in die Fresse gehalten?
    Mir hat es genau wegen dieser Dreistigkeit den Lesern gegenüber gut gefallen. Es passt zum Inhalt.
    Das Cover zur Vorzugsausgabe ist übrigens ein Rundumcover. [Auch diejenigen, die das Heft nicht kennen, können sich wahrscheinlich denken, was die Rückseite zeigt ...]

    Von Ellis kommt in diesem Jahr nun noch Frankensteins Schoß ... und die "Normalausgabe" von Captain Swing und die elektrischen Piraten von Cindery Island.
    Ansonsten geht's natürlich weiter mit Usagi [Band 15] und Sláine [Band 8] ... und zwei neuen Pferden im Dantes-Stall ...
    Und dann sind wir schon im nächsten Jahr.
    Geändert von JRN (07.01.2020 um 21:14 Uhr)

  3. #53
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    churchi:

    11. September 2019

    APPARAT – VIER SINGLES

    (US Avatar/Apparat 2004)

    imagewoj3t.png

    (dt. Dantes Verlag / 2019)

    Warren Ellis


    Die vier Apparat Titel sind inspiriert von Pulp Magazinen der 1930er und sind Ellis Vorstellung wie heute moderne Comics ohne den Einfluss von Superhelden aussehen würden.
    Warren Ellis zieht dabei eine Analogie zu (Pop) Singles die sich mit einem Thema befassen, in knackigen 3 Minuten auf den Punkt kommen und ohne Vorwissen genossen werden können.
    Willkommen im Singles Collector Club.

    Angel trampelt Zukunft (Angel Stomp Future)
    Artwork: Juan José Ryp

    Ellis präsentiert uns hier eine surreale und morbide Cyberpunk Zukunft.
    Der Kulturschock ist vorprogrammiert, wenn Angel (eine…ähhmm… Ärztin im knappen Latexfummel) über Mem-Komplexe philosophiert und nebenbei dem Leser erklärt, dass die Zukunft genauso abgefucked ist wie die Gegenwart.
    Die menschliche Natur ändert sich nicht wegen modifizierten Bodyupgrades, bizarren Sex-Fetishen oder öffentlichen Abtreibungsvorrichtungen.
    Die Gier bleibt immer dieselbe.

    Die Darstellung ist verstörend, José Ryp ("Frank Miller's RoboCop", "Black Summer") ist die Geschichte auf dem Leib geschrieben.
    Das Artwork ist überladen, wie das Wimmelbild eines hyperakitven Hirnes und ist manchmal schwer zu dechiffrieren.
    Ellis geht als Autor zu seinen Wurzeln zurück, als er noch für britische Underground Magazine ("Lazarzus Chuchyard" & Co) schrieb.

    Krankes, kleines Biest, bei dem die Idee von Sci-Fi ernst genommen wird, bis auf ein paar coole Einfälle verläuft es sich dann aber ins Leere.
    Angel verschwindet, wie sie gekommen ist, und lässt den doof dreinblickenden Leser einfach zurück.

    Anhang 28800


    Frank Ironwine
    Artwork: Carla Speed McNeil

    Die Handlung könnte genauso gut als eine Pilotfolge für das Fernsehen funktionieren.
    Frank Ironwine ist ein schrulliger Detective (so eine Mischung aus Columbo und Sherlock Holmes), der wohl gerne mal einen säuft und dann im Müllcontainer übernachtet.
    Der Schein trügt aber, im Oberstübchen läuft alles rund. Nur durch seinen ausgeprägten Spürsinn knackt er einen Mordfall. Dabei verlässt er sich alleine auf seine Beobachtungsgabe, verzichtet komplett auf die ihm verhasste Spurensicherung.

    Die Story überrascht auf mehreren Ebenen und die Dialoge sind wirklich witzig geschrieben.
    Ellis huldigt den Pulp Krimis allen voran Chandler und Hammett.

    Anhang 28801


    Stadt der Aussteiger (Quit City)
    Artwork: Laurenn McCubbin

    Der Regel folgend Abenteuercomics neu zu interpretieren, sind dieses mal die Helden der Lüfte dran.
    In der Zeit um den 2. Weltkrieg waren die Flying Aces hoch im Kurs und hatten ein eigenes Subgenre.
    Allerdings stellt Ellis gleich mal die gewohnte Handlung auf den Kopf.

    Anstatt eines großen Abenteuers kehrt Emma in ihre alte Heimat zurück und hängt ihren Pilotenhelm an den Nagel.
    Sie muß sich hier ihrer Vergangenheit aus einem anderen Leben stellen um wieder nach vorne sehen zu können.

    Wirkt fast wie ein Slice of Life Drama Happen, das Thema hat mich wie auch das Artwork am wenigsten abgeholt.

    Anhang 28802


    Simon Spector
    Artwork: Jacen Burrows

    Das letzte Kapitel ist wieder eine Hommage an die Pulp Helden wie "Doc Savage" und "The Shadow".
    Simon Spector ist wie Frank Ironwine ein erfahrener Detective. Damit hört es mit den Ähnlichkeiten aber auch schon auf. Im Gegensatz zu Frank bewohnt Simon ein riesiges Penthouse (inklusive hübscher Leibwächterin), liebt stilvolle Anzüge und ist hoch intelligent. An Geld mangelt es nicht, nebenbei beherrscht er natürlich noch meisterlich verschiedene Kampfsportarten.

    Wenn seinen Klienten niemand mehr haben, an den sie sich wenden können, dann übernimmt er den Fall.
    Sein letzter Einsatz bringt ihn dann zu einem alten Feind. Was niemand weiß: Um über die gesteigerten Kräfte zu verfügen, nimmt Simon Pillen, die ihm aber selber im Gegenzug stets eine Woche seines Lebens kosten …

    Cooler Action Thriller zum Abschluss der vor allem durch die dynamische Arbeit von Burrows lebt.
    Der Prototyp der Antihelden ist altbekannt und bringt doch frischen Wind.
    Mark Millar hat wohl die Geschichte auch gelesen und sich dann an „Prodigy“ gesetzt …

    Anhang 28803


    Interessant sind die auch Anhänge zu jeder Ausgabe bei denen Warren Ellis viel Raum für seine Ideen und Inspirationsquellen gegeben wird.

    Das Konzept der „Singles“ wird konsequent umgesetzt und man bekommt viel Abwechslung geboten. Beim lesen wurde ich aber irgendwie das Gefühl nicht los, als hätte Ellis ein paar Entwürfe in seiner Schublade gefunden, mit denen er nicht recht was anfangen konnte und dann hier raus gehauen hat.

    Seine Liebe für die Groschenheftchen und Pulphelden hat er ja unter anderem in „Planetary“ bewiesen, in „Transmetropolitan“ oder „City of Silence“ die zum Cyberpunk. Hier wirkt einiges wie eine Fingerübung die dann später mit „Black Summer“, „Doctor Sleepless“, „Fell“ oder „FreakAngels“ weitergeführt wurde.

    Die Sammlung bietet aber trotzdem wunderbare Einblicke in die schräge Welt von Warren Ellis und zeigt, wie der Herr so tickt.
    Dafür gibt es dann 3,5 von 5 Sternen ...
    ... und, natürlich, eine Antwort von JRN:

    Super Rezi ... und trotz ausführlicher Handlungsbeschreibung die Pointen nicht verraten.
    Danke und danke.

    Nur Angel solltest Du noch eine zweite Chance geben. Sie verschwindet nämlich eben gerade nicht, wie sie gekommen ist, sondern wie Lavinia ...
    Weil sie "die Zukunft", an deren Zustandekommen sie, ähem, nicht ganz unwesentlich beteiligt ist, schwer erträglich findet?
    IMHO hat Ellis in "Angel trampelt Zukunft" die ziemlich düstere Botschaft 'rübergebracht, dass Technik in Verbindung mit irregeleiteten Gefühlen existenziell bedrohliche Konsequenten haben kann. Der Titel ist Programm.

    Vier Singles, das sind nicht nur vier recht unterschiedliche Erzählabsichten und Zeichenstile, sondern auch vier auf unterschiedliche Weise einsame Charaktere ...
    Geändert von JRN (07.01.2020 um 21:46 Uhr)

  4. #54
    Mitglied Avatar von JRN
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    Comic-Republic:

    11. September 2019

    [...]Beim neusten Usagi ist sogar noch ein querformatiges Heft dabei! Joschua macht echt eine mega Arbeit!!! Und das als One-Man-Show! Okay, sein Übersetzter ist natürlich auch sehr gut eingebunden und macht eine richtig gute Arbeit!
    Wer die Serie noch nicht kennt: Kaufen und lieben lernen!!!


    Einen Tag später Kal-L:

    Noch habe ich den neuen Usagi nicht hier, aber liegt dem Band wirklich dieses Heft lose bei? Oder ist das nur deine US Ausgabe?
    JRN:

    @ Kal-L:

    Ich vermute mal, Du findest die Antwort auf Deine Frage hier.

    @ Comic-Republic:

    Auch in diesem Forum noch einmal vielen Dank für den dreifachen, immer leicht variierten [und hier besonders lobpreisenden] Beitrag.

    Mit 1000 Grüßen,
    der errötete Übersetzer
    Comic-Republic:

    13. September 2019

    Zitat Kal-L:
    "Noch habe ich den neuen Usagi nicht hier, aber liegt dem Band wirklich dieses Heft lose bei? Oder ist das nur deine US Ausgabe?"

    Liegt auf der Rückseite und ist mit eingeschweißt!
    Geändert von JRN (07.01.2020 um 22:00 Uhr)

  5. #55
    Mitglied Avatar von JRN
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    churchi:

    13. September 2019

    ÄTHERMECHANIK – Eine graphische Novelle
    (Aetheric Mechanics – A Graphic Novella)
    (US Avatar/Apparat 2008)



    (Dantes Verlag / 2019)

    Warren Ellis & Gianluca Pagliarani

    Äthermechanik ist der sechste (und bis jetzt vorletzte) Band des Apparat Imprints von Warren Ellis.
    Dem selbst auferlegten Dogma treu, entführt uns Ellis dieses mal auf eine Alternative Erde / Zeitebene.
    Wir schreiben das Jahr 1907 und Brtiannien befindet sich mit dem (fiktiven) Land Ruritania im Krieg.
    Durch eine Antigravtionstechnik (Apergy) wird die Schwerkraft ausgetrickst und selbst riesige Schlachtschiffe schweben über dem Himmel von London.
    Ruritianias mächtige Flotte steht kurz davor in Britannien einzufallen und die Schlacht endgültig für sich zu entscheiden.



    In diesen turbulenten Zeiten lernen wir Captain Robert Watcham kennen, einen Arzt der gerade von der Front zurückgekehrt ist und als erstes seinen alten Freund Sax Raker aufsucht.
    Raker ist ein sehr von sich überzeugter Detektiv, der unübersehbar an Sherlock Holmes angelehnt ist. Ach Quatsch. Das IST Sherlock Holmes, der gerade über einem seltsamen Fall brütet.
    Und zwar über einem „Mann der nicht da war“ und für eine Mordserie an Wissenschaftlern verantwortlich ist. Also ein Mann der „flimmert“ und sich wohl teleportieren kann.
    Mysteriös…

    Kurz darauf werden die beiden von der Polizei um Hilfe gerufen. Eine Leiche wurde ans Ufer der Themse geschwemmt und wohl zum Schema des gesuchten Killers passt.
    Mit einer Droschke macht sich nun Sherlock mit Watson… ähmm... Watcham auf den Weg um den Toten zu untersuchen. Die Spurensicherung könnte dann nicht theatralischer ausfallen.



    Um den Spaß nicht zu verderben, möchte ich dann auch gar nicht mehr vorwegnehmen, außer dass Ellis hier bis zum coolen Finale richtig abliefert.
    Die Handlung ist dicht gepackt. Faszinierend wie viele Ideen in knapp 40 Seiten untergebracht werden können.
    Die steampunkartige Welt wird detailliert von Pagliarani zu Leben erweckt. Ein ähnliches Konzept kennt man von Moore’s „League of Extraordinary Gentlemen“,
    Ellis findet aber seinen eigenen Ton und setzt den perfekt um.

    Die Dialoge sind witzig und füllen den Band richtig aus. Toll auch wieder die Anhänge mit den ganzen Anmerkungen.
    Viele Anspielungen hätte ich sonst wohl übersehen.

    Glaubt man Anfangs an eine Kriegsgeschichte, ändert die sich zu Murder Mystery und Ellis weiß bis zum Schluss zu überraschen.
    Für mich der bisher beste Apparat Band, aber einer steht ja noch aus …

    [Viereinhalb von fünf Sternen.]

    Zitat JRN:
    "Nur Angel solltest Du noch eine zweite Chance geben. Sie verschwindet nämlich eben gerade nicht, wie sie gekommen ist, sondern wie Lavinia ..."

    Das Panel habe ich tatsächlich anders gedeutet. Meine Synapsen waren vermutlich noch von Juan José Ryp überflutet.

    Zitat JRN:
    "Vier Singles, das sind nicht nur vier recht unterschiedliche Erzählabsichten und Zeichenstile, sondern auch vier auf unterschiedliche Weise einsame Charaktere ..."

    Ging mir auch durch den Kopf, anderseits sind IMO die wenigsten Figuren von Ellis gesellige Partykracher ...

    PS: Die ersten 3 "Gravel" Bände und "Narben" sind nun auch bestellt ...
    lop:

    14. September 2019

    Danke für die Rezi!
    Wollte schon länger mal was aus der Apparat-Reihe ausprobieren und ich denke, es wird diese "Graphic Novella" - klingt einfach komplett cool!
    JRN:

    @ churchi:

    Entschuldige die verspätete Antwort ... es war Börsen-Großkampftag ...

    Ja. Äthermechanik hat mich als alten Sherlock-Holmes-Fan auch schwer angetörnt, schon beim Übersetzen.
    Es freut mich zu hören, dass das offenbar 'rübergekommen ist.

    Der letzte "Apparat"-Band, Frankensteins Schoß ist auch klasse, aber wieder ganz anders. Ich denke mal, der wäre sogar was für Anglistik-Studentinnen, die sonst um Comics einen Bogen machen [Shakespeare- und Shelley-Zitate inklusive].
    Ich persönlich kann mich nicht entscheiden, welchen "Apparat"-Titel ich bevorzugen würde. Sie sind nicht wirklich vergleichbar, finde ich, und alle auf ihre Art großartig.
    Das ist halt nur marketingtechnisch ein Problem, wenn jemand zum Beispiel mit Äthermechanik oder Crécy anfängt und dann denkt [oder hofft], die anderen "Apparat"-Titel seien alle genauso wie der erste.
    Sind sie nicht. "Apparat" ist eine kleine Wundertüte dessen, was im Comic auch alles möglich ist. [Und das war ja irgendwie auch Ellis' erklärtes Ziel.]

    Und es freut mich zu lesen, dass Du der bösen Doktor Antimony noch ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt hast ...

    Viel Spaß und ein erbauliches Leseerlebnis auch mit Gravel und Narben. Narben ist ein klassischer Thriller mit einer persönlichen Note. Gravel zündet, wie an anderer Stelle schon gesagt, erst in Band 6. Dann aber richtig. Alles vorher ist unterhaltsam, scheint aber nirgendwohin zu führen. Aber das scheint nur so.
    Für beide Geschichten nimmt Ellis sich deutlich mehr Zeit als in seinen "Apparat"-Kurzgeschichten und -Novellen.
    Der Mann ist überraschend vielseitig und experimentierfreudig.

    Ich bin gespannt auf weitere Rezensionen und Stimmungsberichte.
    Vielen Dank.
    Geändert von JRN (07.01.2020 um 22:14 Uhr)

  6. #56
    Mitglied Avatar von JRN
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    Uuuund wieder churchi:

    20. Oktober 2019

    NARBEN
    (US Scars # 01-06)
    (US Avatar/ 2002-2003)



    (Dantes Verlag / 2019)

    Warren Ellis & Jacen Burrows


    Ellis macht hier gleich auf den ersten Seiten klar, wo die Reise hingehen soll …
    Inspektor John Cain und sein Partner Pat Amersham von der Mordkommission werden zu einem Tatort gerufen. Bei einer abgelegenen Lagerhalle werden sie bereits von Kollegen erwartet.
    Als sie die Halle betreten, blicken sie auf ein Massaker. Es gab eine Schiesserei (oder Hinrichtung) und ein gutes Dutzend blutüberströmter Leichen füllen mit ihrem Gestank den Raum.



    Ein kurzer Blick zeigt, dass es wohl um einen Krieg unter Drogenbanden ging. Pässe, Flugtickets und die weiblichen Leichen deuten darauf hin, dass die Frauen als Kuriere dienten.
    Während der Untersuchung macht John noch eine Entdeckung. Ein Fass voller bis auf die Knochen verbrannter Babyleichen. Zum schmuggeln werden tote Babies ausgeweidet, mit Drogen ausgestopft und anschliessend zugenäht. Während des Fluges fallen die „schlafenden“ Säuglinge nicht auf und am Zielort werden sie dann einfach entsorgt.

    Der Fall ist was für die Sitte, aber das nächste grausame Verbrechen wartet schon. Vor einer Geschäftsstelle eines Kinderschutzvereines werden drei Pakete auf den Bordstein abgelegt. Die Mitarbeiterin geht von einer Spende aus. Als sie eines der Pakete öffnet, macht sie einen Horrorfund. Eine Leiche wurde zerstückelt und fein säuberlich auf die Pakete verteilt.

    Wie sich später herausstellt, handelt es sich bei der Toten um ein 11-jähriges Mädchen. Tiffany Amber Payne verschwand auf dem nach Hauseweg vor 3 Monaten. Am hellichten Tage.
    Sie musste in den Händen ihres Peinigers über die Zeit schreckliche Qualen durchleiden und fand ihr Ende in den drei Kartons.

    Den Fall bekommen John und Pat zugewiesen. Wobei John selbst mit seiner Vergangenheit zu kämpfen hat. Bei einem Überfall wurde seine schwangere Frau erschossen und er wurde dabei auch verletzt. Dieses Trauma hat er nie überwunden und leidet seit dem an Psychosen.
    Ob er der richtige für so einen an die Nieren gehenden Fall ist?

    Die beiden überbringen den Eltern von Tiffany die traurige Nachricht und begraben damit die letzten Hoffnungen, die sie seit dem verschwinden ihrer Tochter noch hatten. John schwört ihnen, den Täter nicht davonkommen zu lassen.
    Die Uhr tickt. Der Mörder könnte erst auf den Geschmack gekommen sein …




    Warren Ellis greift hier ein sehr heikles Thema an und kommt dabei gleich auf den Punkt.
    NARBEN ist kein Wohlfühl-Thriller, sondern möchte dem Leser einen Schlag in die Magengrube verpassen.
    Hier geht es nicht um die „schönen“ Artikel die wir in den Medien präsentiert bekommen, sondern Ellis will einen unverstellen Blick auf die Arbeit all derer, die sich tagtäglich mit dem Blut und dem Gestank der Scheiße herumschlagen müssen.

    Eine Freundin von mir arbeitet für das Gericht, bei ihrer Tätigkeit musste sie unter anderem auch Tatorte abfotografieren.
    Ab und an erzählt sie mir auch von den Grauslichkeiten, die sie da mitbekommen hat. Will nicht ins Detail gehen, aber aus diesem Blickwinkel wirkt NARBEN leider sehr realistisch.

    Jeder kennt hierzu vermutlich eine Geschichte, Ellis wird es nicht anders ergangen sein.
    Er vermengt hier reale Vorfälle und man merkt ihm an, dass er hier versucht, eigene Ängste zu verarbeiten.
    Seine eigene Tochter war zu der Zeit 7 Jahre alt und bei jedem neuen Artikel über ein verschwundenes Kind muss neben der Wut auch in den Fingern gejuckt haben.

    John Cain ist auf dern ersten Blick ein kaputter Charakter. Gegenüber den anderen Figuren ist er aber einer der wenigen, der noch zur Empathie fähig ist.
    Die meisten Anderen sind von ihrer Arbeit schon so abgestumpft dass sie nur noch einen Fall sehen, aber nicht mehr, dass es sich hierbei um eine Person mit Namen und einer Geschichte handelt.
    Abfällige und zynische Bemerkungen wirken erstmals befremdlich, sind aber nur eine Form des Selbstschutzes.
    Seelische Narben, die sich über die Zeit bilden.
    In den wirkliglich guten Momenten erinnern die Polizeiarbeit und Dialoge an David Simon’s HOMICIDE (das Buch wurde später Grundlage für die Fernsehserie THE WIRE).

    Mit NARBEN präsentiert Warren Ellis ein sehr persönliches Werk. Am Ende jedes Kapitels (bzw. Ende jedes Heftes) ist ein kurzes Essay des Autors.
    Die fand ich zum Teil interessanter als die Handlung. Mit Kapitel 5 übernimmt dann Steven Grant (u.a. PUNISHER). Ab hier hatte ich irgendwie das Gefühl, Ellis hatte in NARBEN auch schon alles erzählt, was er zu sagen hatte, und wollte nur mehr schnell zum Ende kommen.

    Auf der künstlerischen Seite macht Jacen Burrows einen tollen Job.
    Das Artwork in verschiedenen Graustufen fängt die drückende Stimmung gut ein (Farbe wäre IMO hier sogar unpassend).
    Egal, ob John in einer vollen Polizeiinspektion oder in seiner leeren Wohung sitzt, die realistischen und schnörkellösen Zeichnungen passen sich der Gefühlslage immer an.
    Auch bei stillen, emotionalen Szenen ist Burrows genau auf dem Punkt.

    Harter Tobak und die 18+ Empfehlung kann man hier ernst nehmen.

    [Vier von fünf Sternen.]

    Aber Achtung: Der Konsum dieser Lektüre könnte Magenschmerzen verursachen.
    JRN:

    24. Oktober 2019

    So. Mit zwei Forumsseiten Verspätung nun auch noch der obligatorische Dank an churchi für seine positive Rezi.
    Ich kann noch ergänzen, dass Ellis, während er an Narben gearbeitet hat, fleißig Fotos seiner Tochter auf Flickr hochgeladen hat ... und zwar solche, die es einem Kinderficker leicht möglich gemacht hätten, herauszufinden, wo sie damals regelmäßig zum Reiten hingegangen ist.
    Kein Wunder, irgendwie, dass er sich 'was von der Seele schreiben musste.
    Geht mir dementsprechend auch so, dass ich die Essays anregender [und verstörender] fand als den eigentlichen Comic.
    Ich hatte mir allerdings "zur Einstimmung" vorher auch mal wieder Finchers Se7en gegeben ... und danach sieht wahrscheinlich fast alles nicht mehr wirklich erbaulich aus ...
    Nee, Narben ist vermutlich einfach ein grundsolider hard-boiled Krimi. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
    Geändert von JRN (07.01.2020 um 22:45 Uhr)

  7. #57
    Mitglied Avatar von JRN
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    Karate Lothar:

    23. Oktober 2019

    Es issst die H Ö L L E..., warum schickst Du mich in den WAAHANSINN!!111...



    WaHnSiNN. .

    WAHN.s.i.n.n. .1

    W A H N S I N N. ! ! !


    Walk through Hell #1 - #12 (Aftershock) Garth Ennis, Goran Sudzuka

    „Wolle Petry invers“ oder auch „die durch die Hölle gehen“...und zwar ein jeder durch seine ganz persönliche. Ein Ort, menschlicher Urängste, Abgründe und Hirngespinster. Ein Ort, des Fegefeuers. Ein Ort, sich seinen innersten Dämonen zu stellen, um letzten Endes Frieden mit sich selbst zu schließen...

    Und so steht dieses verlassene Lagerhaus, in welches es eine Gruppe von Polizisten verschlägt, wohl nur rein symbolisch als Sinnbild der eigenen Psyche, des Seelenlebens, des Unterbewusstseins, eben genau jener verlorenen Seelen, in welches es immer weiter vorzudringen und herab zusteigen gilt.

    Langsam schwindet nicht nur das Gefühl für Raum und Zeit, sondern auch jeglicher Bezug zur Wirklichkeit - - vom Verlust des Orientierungssinns, über die Aufhebung sämtlicher physikalischer Gesetze, bis hin zur vollständigen Auflösung aller Rationalität - und somit auch des menschlichen Seins.

    Ob jetzt besagtes Warenlager auch nur ein einziger je wieder lebend verlassen wird, ist mehr als ungewiss. Sicher hingegen scheint jedoch, dass hier wirklich niemand rein zufällig gestrandet ist...

    Denn, ganz egal, wie weit und schnell vor seiner eigenen Vergangenheit auch geflohen wird - sie holt einen ein,....irgendwann. Und ganz egal wie erfolgreich verdrängt, ja sogar komplett vergessen, emotionale Erlebnisse auch sein mögen - sie bahnen sich langsam den Weg an ihre Oberfläche, nur um dann noch schauderhafter und kälter den eigenen Nacken herab zu kriechen.

    Die Katharsis der Endzeit, Läuterung und Erlösung zugleich, inszeniert als kammerspielartigen Psychothriller, der im selben Maße mit dem Verstand all seiner eigenen Protagonisten wie auch mit der Erwartungshaltung seiner Leser spielt und trotz einer - doch recht zweckmäßigen, simpel gestrickten Herangehensweise - seine Wirkung nicht verfehlt. Gekonnt ist eben gekonnt . Ennis und Sudzuka gehen hier wirklich Hand in Hand – auf einer rein professionell handwerklicher Ebene wohlgemerkt.

    Zwar alles schon mal in exakt gleicher, zumindest aber ähnlicher, teils auch intelligenterer Form, Art und Weise gelesen, gesehen, gespielt - ein klein wenig „X-Files“ hier, ein bisschen „Silent Hill“ da und etwas an naturwissenschaftlicher Mystik ala Christophe Bec dort...

    Aber, die Atmosphäre passt, die Spannungskurve stimmt und die wohl dosiert eingesetzten Momente der Suspense sitzen. Knappe 7/10
    Darauf ich:

    Ich nehm' den Beitrag von Karate Lothar mal ganz dreist zum Anlass, auf den Start von Outlaw Nation im Dezember beim Dantes Verlag hinzuweisen. Nach seinen Kurzgeschichten in Gespenster Geschichten [sic!] war das Goran Sudžukas erste internationale Serie - und zeichnerisch schon ein ziemlicher Knaller. [Es gibt ansonsten aus seiner Frühzeit noch haufenweise Zeug, das nur in seinem Geburtsland Kroatien erschienen ist.]
    Die Story ist - im Anschluss an Karate Lothars Beitrag jetzt wenig überraschend - Wahnsinn. Ein irrer Ritt durch 200 Jahre US-Kulturgeschichte ...

    Mit 1000 Grüßen,
    JRN [der gerade das erste Drittel der Story zu Ende übersetzt hat]
    Darauf dann wieder Karate Lothar:

    25. Oktober 2019

    Habs ja bereits letztens in irgendeiner Vorschau erspäht. Toller Neuzugang und Bereicherung eures bestehenden, eh schon feinen, Sortiments - kann man nur zu Gratulieren.

    Ja, ja ... „Outlaw Nation“, ein Titel, der weit weniger an Aufmerksamkeit und Wertschätzung genießt, als er es eigentlich verdienen würde. Was letztenendes sicherlich auch dem Umstand geschuldet ist, dass jener bis heute – weltweit - in keiner vernünftig gesammelter Form je vertrieben wurde bzw. erschienen ist.

    Hab den Titel hier ja auch schon das eine oder andere mal lobend erwähnt, ja selbst in meiner „must reads“ Liste iss er enthalten ... Zwar kein Überknaller, deutlich im Fahrwasser von Preacher schwimmend, aber in jeder Pore den Flair und die Attitüde längst vergangener Vertigo Glanzzeiten atmend - Glenn Fabry Cover inklusive ....

    … denn wennma all die großen Vertigo Klassiker durch hat, ist die Zeit halt aller-allerspätestens reif für Delanos „Outlaw Nation“ ... evtl. auch 2020 Visions, Hell Eternal, Cruel and Unusuel etc ...

    Und nun die Frage aller Fragen. Wie schauts denn aktuell hinsichtlich rechtlicher Animositäten, Copyright Verletzungen, Lizenzen bezüglich des Titels aus? Ist der Hauptlizenzgeber immer noch Herr Sudzuka höchstselbst oder gab es mittlerweile eine Einigung?
    Oder, auf den Punkt gebracht: Bringt ihr die Serie eigentlich in Farbe oder auch nur in schwarz-weiß??

    Hier mal ein kleiner Print den Goran bei einem seiner letzten Deutschlandbesuche im Gepäck hatte - neben nen dicken Packken an Vertigo-Einzelheften....

    n7j45x3s.jpg

    Gleiches Motiv ziert übrigens auch die einzige US TPB Veröffentlichung, welche allerdings nicht mehr über Vertigo, sondern über Desperado Publishing vertrieben wurde. Dies jedoch, aufgrund strittiger Urheberrechte und zum Leidwesen aller „Wartender“, lediglich in schwarz/weiß. Die Rechte an der Kolorierung dürften demnach höchstwahrscheinlich immer noch bei DC liegen, ebenso jene der Coverillustrationen aller 19 Ausgaben, für welche sich kein geringerer als Altmeister Glenn Fabry verantwortlich zeigte ...

    45rj8lkm.jpg
    JRN:

    "Rechteprobleme"? Die Rechte am Artwork [Story und Zeichnungen] liegen bei Goran und Jamie. Das ist zwar für 'nen US-Comic nicht selbstverständlich, aber auch nicht problematisch.
    Die Rechte am Titelschriftzug [genauer gesagt: an den Titelschriftzügen] liegen bei den bisherigen Verlagshäusern, weswegen es für die Dantes-Ausgabe einen von Jamies Grafikdesigner-Bruder neu gestalteten Titelschriftzug geben wird.
    Da wir Outlaw Nation nicht in einem Band bringen können [sonst wäre vor allem meine Arbeit nicht mal annähernd gegenfinanzierbar - und Outlaw Nation ist das heftigste Stück Arbeit, das ich bisher auf dem Tisch liegen hatte], zeichnet uns Goran zwei völlig neue, exklusive Titelbilder im Stil des Motivs, das Du als Druck hast und in Deinem Post zeigst.

    Wegen der Glenn-Fabry-Cover hat Josch mit dem Meister persönlich Kontakt aufgenommen ... die beiden stehen ja seit der gemeinsam durchzechten Nacht in Erfurt auf gutem Fuß. Die kämen aber natürlich nur in Farbe richtig gut. Also: Mal sehen, ob da was geht und was da geht. Denn: Wir halten uns weitgehend an die Desperado-Ausgabe [ergänzen aber die darin fehlende, einleitende Episode "Nebenfiguren" (die übrigens vor 18 Jahren schon einmal bei Speed erschienen ist)]. Die Desperado-Ausgabe ist, wie Du ja weißt, schwarzweiß.
    Und zwar, gemäß den mir vorliegenden Informationen, weil sowohl Goran als auch Jamie die Vertigo-Kolorierung uninspiriert und teilweise irreführend gefunden haben.
    Ich kenne bloß zwei der 19,5 Episoden in Farbe ... und danach kann ich dieses Argument, ehrlich gesagt, nachvollziehen.
    Selbst wenn die Rechte an der Kolorierung also nicht bei DC/Vertigo lägen, wäre damit nicht gesagt, dass es zu einem Nachdruck in Farbe kommen würde.
    Persönlich vermisse ich die Farbe überhaupt nicht. Gorans Strichzeichnungen sind anbetungswürdig. Aber ich habe mich ja an anderer Stelle schon darüber gewundert, dass die Mehrzahl meiner Lieblingscomics ohne Farbe auskommt, bin also sicher nicht repräsentativ.

    Outlaw Nation ist vom Konzept her geradezu verwegen ... kein Wunder, dass es die Entscheider bei Vertigo damals überfordert hat.
    Abgesehen von den heutzutage altmodisch anmutenden Funktelefonen ist Outlaw Nation IMHO in der Trump-Gegenwart aktueller denn je.

    Abschließend vielen Dank für die Gratulation zum Dantes-Programm. Ich kenne seit letzter Woche Joschs Editionsplan bis Dezember 2020. Er hat da noch so Einiges vor ...
    [Mehr wird erstmal nicht verraten.]
    Norrin Radd:

    25. Oktober 2019

    @ Karate Lothar: Nachdem ich ja schon länger, wie du schreibst, all die großen Vertigo-Klassiker durch habe, habe ich soeben Outlaw Nation beim Dantes Verlag als lim. Hardcover (übrigens S/W) vorbestellt. Ich freue mich schon auf Vertigo-ähnlichen Stoff. Von daher: Danke für den Tipp!
    Edit: Da ist mir der gute JRN wegen der S/W-Info zuvorgekommen. Übrigens: Tolle Veröffentlichung, weiter so.
    Karate Lothar:

    27. Oktober 2019

    Zitat JRN:
    "... [ergänzen aber die darin fehlende, einleitende Episode "Nebenfiguren" (die übrigens vor 18 Jahren schon einmal bei Speed erschienen ist)] ..."

    Das eigentlich Interessante an dieser ziemlich belanglosen Kurzgeschichte ist jedoch die verlagspolitisch forcierte Namensänderung der kompletten Reihe. Während „Nebenfiguren“ in der, von dir schon angesprochenen, deutschen Ausgabe bereits unter dem neuen, angepassten Titel „Outlaw Nation“ lief, erschien „Minor Characters“ in der US-Originalpublikation noch unter dem ursprünglichen, von Delano für die Serie angedachten Titel „The great Satan“ - und wurde so auch als monatlich erscheinende Ongoing angekündigt.

    Eine Art Floskel, worunter aber weder der Hauptcharakter, noch sonst irgendeine einzelne Person zu verstehen ist, sondern ein ganzes Land, eine Nation, ein Staat, eine Regierung ... war für die Vertigo-Verantwortlichen dann aber wohl doch etwas zu viel des Guten.
    JRN:

    Das [und vieles mehr] beschreibt Jamie Delano ausführlich im Vorwort.
    Wer oder was "der große Satan" ist, dürfte politisch halbwegs gebildeten Leserinnen und Lesern klar sein. Da ist es eher erstaunlich, dass die Vertigo-Entscheider sich 1999 zumindest für einen kurzen Moment offensichtlich vorstellen konnten, eine Serie unter einem aus 'nem von Chomeini geprägten Begriff bestehenden Titel auf den Markt zu bringen. Ich halte es durchaus für möglich, dass es die Vertriebsabteilung oder um ihre Fensterscheiben fürchtende Ladenbesitzer gewesen sind, die, nachdem sie erfahren hatten, dass eine "Der große Satan" betitelte Serie an den Start gehen soll, unbedingt einen weniger provokativen Titel haben wollten.

    Auffällig ist allerdings, dass in der Serie die US-Politik in Vietnam thematisiert wird, außerdem die Machenschaften gegen die Ureinwohner, und dass das Auftreten der USA in Kuba, im Pazifik und in Afrika erwähnt werden, der Nahe Osten aber nur in Form des Zweiten Golfkriegs vorkommt. Der Iran dagegen: Fehlanzeige.

    Und wie gesagt: "Nebenfiguren" ist keine Kurzgeschichte, sondern das erste Kapitel ["Heft 0"] von Outlaw Nation. Darin werden ein paar zentrale Handlungsmotive etabliert [zum Beispiel die Wirkung von Story Johnsons Erzähltalent auf andere Johnsons], ohne deren Kenntnis ein Einstieg in Outlaw Nation echt schwierig werden würde. [Mal abgesehen davon, dass auf einige der "Nebenfiguren" im weiteren Fortgang der Handlung nur mit kurzen Bildzitaten verwiesen wird, die ohne Kenntnis des Prologs nichtssagend bleiben würden.]

    Abschließend noch die Info, dass Josch noch einmal bekräftigt hat, was ich oben bereits angedeutet hatte: Jamie und Goran haben die Erlaubnis, die DC-Kolorierung zu verwenden [also, in unserem Fall: zu lizenzieren], sie wollen aber nicht, dass sie weiterhin verwendet wird. Eine farbige Version von Outlaw Nation wird es demnach [wenn überhaupt] frühestens dann wieder geben, wenn die beiden eines Tages so reich sein werden, dass sie einen Koloristen oder eine Koloristin für eine neue Farbfassung bezahlen könnten.
    Geändert von JRN (07.01.2020 um 23:06 Uhr)

  8. #58
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    Und von wem stammt die letzte Dantes-Rezi im PaFo? Richtig ... wieder von clawfinger:

    2. November 2019

    Apparat, Band 4: Frankensteins Schoß (Dantes Verlag)

    Und damit schließt der Dantes Verlag nach Gravel dieses Jahr gleich die nächste Warren-Ellis-Reihe ab. Wie üblich bei Apparat handelt es sich um eine Einzelgeschichte. Dieses Mal nimmt sich Ellis (wie der Titel es bereits vermuten lässt) die Geschichte um Dr. Frankenstein und dessen Monster vor. Wobei er sich tatsächlich mehr auf die realen Geschehnisse drumherum und Autorin Mary Shelley konzentriert. Natürlich wird die Realität dabei wieder ordentlich verfremdet, was man auch sehr schön dem ausführlichen Glossar entnehmen kann.

    Inhaltlich ist das Ganze wie alle Apparat-Geschichten ein interessanter Happen, der einen am Ende nach mehr schreien lässt. Für mich persönlich besteht das eigentliche Highlight hier aber aus den Zeichnungen von Marek Oleksicki. Schlicht meisterhaft und wunderschön, was der Mann hier abliefert. Wie üblich in Schwarzweiß, was bei dem schaurigen Thema natürlich nur noch umso besser passt. Der Band hat 48 Seiten und kostet 9 Euro.

    Inzwischen wissen wir ja, dass es im Januar mit Slaine weitergeht, Usagi Yojimbo läuft ebenfalls weiter, Outlaw Nation kommt neu ins Programm, über Neil Gaiman-Comics wird gemunkelt - aber dürfen wir uns auch auf weiteres Ellis-Material freuen? Diesen Monat kommt ja noch der Einzelband "Captain Swing". Und im nächsten Jahr? Ich persönlich hoffe jedenfalls auf weitere Übersetzungen.
    JRN:

    Moin clawfinger, wieder ein positiver Lesebericht von Dir, wie schön.

    Was das "Gemunkel" angeht: Eine Studie in Smaragdgrün liegt seit über einem Monat druckfertig auf dem Server. Es fehlt, aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen, die Freigabe des Lizenzgebers [also: eine Unterschrift unter dem Lizenzvertrag]. Erst war die verantwortliche Person krank, dann war Buchmesse, dann musste Liegengebliebenes abgearbeitet werden. Zu viele an dem Deal beteiligte Instanzen, offensichtlich.
    Das Teil wird es auf jeden Fall geben [es ist, wie gesagt, fertig] - nur ob's noch vor Weihnachten kommt, hängt von den kommenden zehn Tagen ab. Den Amis scheint das Weihnachtsgeschäft in Germany nicht sehr wichtig zu sein.

    Und ja, Du darfst Dich auf weiteres Ellis-Material freuen. Laut Editionsplan ab April. Und in Farbe. Außerdem: Alan Moore, Garth Ennis und noch ein paar andere. Und das ist erstmal nur das erste Halbjahr 2020.

    Stay tuned.
    Paco Pavlov:

    Wo findet man denn die Vorschau des 1. Halbjahres?
    JRN:

    Noch nirgendwo. Josch bewirbt sein Programm ja immer eher konservativ - also nie, bevor die Verträge unterschrieben sind.
    Übersetzt wird aber natürlich schon vorher ...

    Sobald irgendetwas spruchreif ist, erfahrt ihr es auf der Verlags-Hompage [hier klicken und ein bisschen scrollen] und dann auch sofort im Dantes-Thread des Comicforums ... oder in einem passenden Thread hier.
    El Duderino:

    4. November 2019

    "Alan Moore, Garth Ennis und ein paar andere" ... das hört sich ja fast nach Cinema Purgatorio an ...

    Bin schon sehr gespannt auf das neue Programm.
    Bzgl. Ellis schaue ich gerade auf Wiki, was der Mann noch so alles für Avatar gemacht hat. Da gibt es ja noch mächtig viel Stoff.
    Karate Lothar:

    Leider aber halt nichts richtig nennenswertes mehr. Ellis farbiger Avatar Kram kommt halt nicht mal ansatzweise an seine s/w Arbeiten heran. Reicht vom absoluten Vollschrott wie „Anna Mercury“, „Blackgas“ bis hin zur einigermaßen unterhaltsamer Superheldenkost wie „Black Summer“ oder „No Hero“ – sofern man mit Herrn Jose Ryp nicht auf Kriegsfuß steht.
    El Duderino:

    Gerade die Arbeiten mit Jose Ryp habe ich vorhin gegoogelt. Ziemlich derbe Sachen da dabei.
    Geändert von JRN (07.01.2020 um 23:25 Uhr)

  9. #59
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    Und das soll es dann gewesen sein ...



    Ein letztes Wort noch:
    Die Qualität der Besprechungen und Rezensionen im PaFo war teilweise erstaunlich gut - und damit meine ich nicht nur die in diesem Unterforum dokumentierten.
    War schön, solang's gedauert hat ... und findet hoffentlich auch hier im CoFo seine Fortsetzung ...

    Mit 1000 Grüßen,
    JRN

  10. #60
    Mitglied Avatar von #churchi
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    Wow. Ordentlich in den Untiefen des PF rumgegraben. Toll das du dir die Mühe machst die Beiträge hier rüber zu retten

    Sollen hier dann in Zukunft auch Besprechungen rein, oder in separaten Threads zu den Serien / Bänden?

  11. #61
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    @churchi999 :

    Moin! Neue Beiträge sollten besser auf die Thementhreads verteilt werden.
    Das hätte ich natürlich auch mit den PaFo-Einträgen machen können ... allerdings nur theoretisch. Denn dann hätte ich auch den alten CoFo-Hauptthread "aufdröseln" und alle thematisch zusammenhängenden Beiträge aus beiden Foren zusammenführen und chronologisch anordnen müssen. Und das hätte zu viel Aufwand bedeutet - bei viel zu geringem Nutzwert.

    Außerdem: Der PaFo-Thread und der alte Dantes-Thread im CoFo sind immer parallel nebeneinanderher gelaufen. Das fortzuführen, dazu besteht ja nun, wo jede Dantes-Veröffentlichung einen leicht anzusteuernden eigenen Thread haben kann, kein Grund mehr.

    Im Gegensatz zu einem gewissen Smiley ...



    ... freu' ich mich schon auf Deinen nächsten Beitrag.
    Lass es Texte [und Original-Artwork] regnen!

    Mit 1000 Grüßen,
    JRN

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